Kreative Wege um zu helfen in Köln und anderswo | Flüchtlingskrise in Europa
Dass die Nachrichten voll sind von der aktuellen Flüchtlingskrise, worum es geht, usw. brauche ich wohl keinem zu erzählen. Die Frage ist für mich, wie kann ich helfen? Hier in Köln oder auch in anderen Städten? Also habe recherchiert nach sehr einfachen, kleinen Möglichkeiten, nach kreativen Wegen und nach konkreten Aktionen, an denen man sich beteiligen kann.
Jeden Tag suchen mehr Flüchtlinge Sicherheit für sich und ihre Kinder in Europa. Wenn ich mir nur vorstelle, ich wäre in einer schwarzen Nacht an der Küste, da wäre dieses rostende Boot, auf dem schon eigentlich zu viele Leute sich drängen… und dann nehme ich meinen Sohn auf den Arm und hebe ihn in dieses verrottende Boot, wohl wissend, dass ich ihn damit… oh, ich kann gar nicht weiter denken.
Jeden Tag gelangen Menschen aus furchtbaren Kriegslagen zu uns und suchen Hilfe. Kein Mensch würde doch freiwillig so eine Höllenreise auf sich nehmen, wenn er irgendeine Chance für sich und seine Kinder in der Heimat sähe.
Natürlich ist mir auch klar, dass wir z.B. in Deutschland nicht fortan 800.000 Flüchtlinge jährlich aufnehmen können. Dafür eine Lösung zu erarbeiten, ist Aufgabe der Politik. Fakt ist aber, dass eben jetzt schon mehrere hunderttausend neue Flüchtlinge in Deutschland angekommen sind und so gut wie nichts besitzen – und in Österreich und der Schweiz sieht es verhältnismäßig sicher ähnlich aus.
Ich habe das Gefühl, dass diese Krise diesen Sommer eine Krise ist, bei der wir alle betroffen sind. Die ganze Gesellschaft sollte vielleicht ein bisschen umdenken und die humanitäre Hilfe nicht nur Hilfsorganisationen und der großen und kleinen Politik überlassen. Wir alle können etwas tun und diesen Menschen, Familien und ihren Kindern helfen.
Hier habe ich ein paar kreative Wege um in der Flüchtlingskrise zu helfen, recherchiert. Vieles am Beispiel von Köln, aber auch Aktionen, die man irgendwo von zu Hause aus machen kann.
1) Sachspenden in Köln
Generell sollte man Sachspenden (wie z.B. Kleidung, Schuhe, Spielsachen) nicht direkt an Unterkünften abgeben, da an diesen Stellen die Kapazitäten fehlen, um die Sachen zu sortieren, zu waschen und zu verteilen. Daher gibt es bestimmte Adressen – meist von karitativen Verbänden – an denen man Sachspenden abgeben kann und die dann für die zweckgemäße Weiterleitung sorgen.
- Deutsches Rostes Kreuz in der Oskar-Jäger-Straße 101-103 in Ehrenfeld: Auf dem Gelände befinden sich Container, in denen Sie Ihre Spende zwischen 6:00 und 22:00 Uhr ablegen können
- Die Johanniter in Ostheim
- Spendensammelstelle des Roten Kreuzes für die Erstaufnahmeinrichtung in Köln-Porz: dort sind auch Container aufgestellt worden.
Gesucht werden: Kleidung, Schuhe, Kinderspielzeug
2) Sachspenden von überall in Deutschland
Bei reBuy gibt es eine spannende Aktion: hier kann man sich selbst kostenlose Sendungsaufkleber herunter laden und ausdrucken. Einfach zu Hause ein Paket mit Sachen packen, die man spenden möchte und ab zu einem Hermes-Paketshop. Die Versandkosten übernimmt reBuy. Der Spendenpartner von reBuy (der Regionalverband des DRK in Berlin) leitet das Paket dorthin weiter, wo es gebraucht wird.
Tolle Idee von reBuy und Hermes! Einfacher geht’s kaum, würde ich sagen.
Prinzipiell kann man alles spenden, was man möchte, aber als Hinweis gibt reBuy, dass folgende Dinge besonders benötigt werden:
- Kinder- & Jugendkleidung (in gutem Zustand)
- Bücher (mehrsprachig, Kinderbücher)
- Spielzeug
Das habe ich dann heute direkt auch mal gemacht. Etikett ausgedruckt und in der Wohnung nach ein bisschen Spielzeug und Büchern gesucht und gefunden: z.B. ein Kartenspiel, ein paar Bücher (u.a. Harry Potter auf englisch, das mag doch jeder, oder?), Bälle, eine Dose Pustefix und eben das Kuscheläffchen von letztens, das ich noch immer nicht geschafft hatte, einem Baby im Freundeskreis zu schicken. Jetzt bekommt es ein Flüchtlingskind. Um es noch ein bisschen persönlicher zu gestalten, habe ich zudem zwei kleine Notizbüchlein im Zakka Stil gestaltet, wie ich es vor einigen Wochen schon mal gezeigt hatte, und dazu eine “Willkommens”-Karte gemalt.
3) Kuscheldecken für Kinder selber nähen -MiniDecki
Eine großartige und sehr schöne Idee hatte die Schweizerin Smone Maurer und gründete MiniDecki: Jedes Kind braucht eine eigene Decke, die wärmt, schützt und ein zu Hause gibt auf der langen, unsicheren Reise. Also nähen sie und mittlerweile unzählige Nähbegeisterte in der Schweiz, Österreich und Deutschland kleine Kuscheldecken für Flüchtlingskinder.
Wie kann man helfen?
- selbst Kuscheldecken für Kinder nähen
- Stoffreste oder alte Bettwäsche spenden
Zum Nähen der Kinderdecken brauchst du:
- Stoffreste oder alte Bettwäsche (zwei Stoffe in Größe S für Babies: 70 x 100 cm oder in Größe M für Kinder: 140 x 100 cm)
- Inlay-Decke von IKEA (nur 2,99 EUR pro Stück), daraus kann man 2 Decken Größe M oder 4 in Größe S nähen. Gibt’s auch online zu bestellen.
- Die Nähanleitung gibt es hier zum Download.
Die Adressen der Ansprechpartner in deiner Region, an die man die fertigen Decken dann schickt, findet ihr hier für Deutschland und hier für die Schweiz. Einfach mal machen, denk ich mir! Ich nähe am Wochenende meine ersten Decken und habe schon eine ganz nette Antwort auf meine Anfrage bei der Ansprechpartnerin für die Region Bergisch-Gladbach/Köln bekommen.
Ich weiß, ganz viele von euch können nähen. Es sieht echt einfach aus. Ich kann euch nur ermutigen, es mal zu probieren. Hey, so eine Decke dauert doch max. 30 min. für eine etwas geübte Hobby-Näherin… oder sogar weniger?!
4) Nah dran sein an lokalen Initiativen und sich per Facebook oder Twitter informieren
@RefugeesRPKoeln
Einige Organisationen gehen auch neue Wege, um direkt mit möglichen Helfen in Kontakt treten. Auf Facebook oder Twitter posten sie ihre Bedarfe an Sachspenden oder Hilfen.
In Köln-Chorweiler wird in diesen Tagen ein neues Flüchtlingslager gebaut. Jeden Tag ziehen schon Familien ein. Auf Twitter läuft hierzu ein Pilotprojekt der Bezirksregierung. Unter dem Twitter-Namen @RefugeesRPKoeln werden regelmäßig Möglichkeiten getwittert, wie man helfen kann.
Aktuell wird auch hier um Sachspenden, insbesondere um Gesellschaftsspiele, gebeten.
Kreativer Willkommensgruß: eine „Willkommens-Rose“
In einem Tweet wurde berichtet, dass Anwohner Rosen gebracht haben, so dass jedem Flüchtling, der einzog am letzten Wochenende eine Rose übergeben wurde. Welch nette Idee! Ja, ist mir auch klar, dass ein Flüchtling keine Blume zum Leben braucht, sondern Lebensmittel… aber eben auch Würde und Respekt. Und eine Rose beim Einzug zu schenken, ist ein sehr nettes Symbol.
Noch eine Idee, wie man dies kreativ ergänzen kann: eine Karte mit „Willkommen“ oder „Good Luck“ gestalten, mit einem kleinen Gruß versehen und an die Rose binden.
Dies ist ein Zusammenschluss von Bürgern des Agnesviertels, um Flüchtlinge in ihrem Veedel willkommen zu heißen.
Beispielhafte Aktionen sind
- eine wöchentliche Eltern-Kind-Gruppe für Eltern mit Kindern von 0-3 Jahren. Jeden Dienstag sind deutsche Eltern und Flüchtlingsfamilien zu einem gemeinsamen Frühstück, Malen, etc. eingeladen, um einander auszutauschen und sich kennen zu lernen. Manchmal hilft es, schon einen ersten Kontakt zu Flüchtlingsfamilien aufzunehmen und vielleicht auch ein bisschen die Kontaktscheu abzubauen, um dann auf Ideen zu kommen, wie man diesen konkret mit den eigenen Mitteln und Fähigkeiten helfen kann.
- Deutschkurse, bei denen man mitwirken kann. Weitere Informationen findet ihr hier.
- die Möglichkeit, sich selbst mit Ideen einzubringen, z.B. bei der Vorbereitung eines neuen Flüchtlingsheims. Hierfür werden Leute gesucht, die Ideen für die Kinderbetreuung, Deutschunterricht und Freizeitgestaltung haben.
Willkommen in Agnes informiert auch regelmäßig auf ihrer Facebook-Seite über die aktuellen Termine und Bedarfe und bietet eine Informationsseite “Informationen für den Anfang” (wie man helfen und sich engagieren kann und auch was man beachten muss).
Aktion Neue Nachbarn in Köln
Bei der Aktion Neue Nachbarn kann man sich ebenfalls in unterschiedlicher Form engagieren, z.B.
- als Sprachlehrkraft für Deutschkurse (besonders eignet sich dies natürlich für Lehrer, da eine gewissen Vorerfahrung oder eine Ausbildung benötigt wird)
- in der Kinderbetreuung (z.B. während die Mütter Kurse besuchen)
- als unterstützende Kraft bei der Vermittlung und Organisation
Das Neue Nachbarn-Netzwerk auf Facebook
Auf Facebook kann man in die Gruppe der Aktion Neue Nachbarn eintreten und wird auch hier regelmäßig über Möglichkeiten zu helfen informiert. Was mir hier besonders gefällt, ist die Unkompliziertheit und eine gewisse „Nähe zum Geschehen“. Man bekommt einen besseren Eindruck, was täglich passiert (heute um 17 Uhr wird wieder an die unterschiedlichen Lager ausgeliefert) und baut damit die Hemmschwelle ab, sich echt mal eine Stunde Zeit zu nehmen, um was auszumisten und zu einer Einrichtung zu fahren zum Spenden. Oder es auch nur in ein Päckchen zu packen und zu reBuy zu schicken…
5) Wie kann ich helfen – auch in meiner Stadt?
Auf dem Wie-kann-ich-helfen Blog trägt Birte Vogel allerlei Informationen über Projekte und Aktionen in ganz Deutschland zusammen.
Wenn man z.B. per „Strg+F“ in der Suche auf der Seite seine Stadt oder eine größere Stadt in der Nähe eingibt (z.B. Frankkurt, Lüneburg oder auch Österreich, erhält man die Treffer auf der Seite, von wo man zu einer Seite gelangt, auf der alle Posts mit Themen in diesem Ort angezeigt werden. So findet man am besten für einen selbst relevante Aktionen in der Nähe.
Außerdem kann man natürlich genauso recherchieren, wie ich es für Köln gemacht habe: die Webseiten der Ortsverbände des DRK und der Johanniter suchen. Auch die Webseiten deiner Stadt könnten eine Übersichtsseite von Projekten und Aktionen anbieten.
Mit Freunden und Kollegen reden! Einfach mal das Thema anschneiden – viele beschäftigen sich heute mit dem Thema. Und von einer Aktion kommt man dann zur nächsten und zur nächsten, etc. bis man eine findet, dessen Idee man besonders unterstützt oder für die man persönlich besonders geeignet ist.
Einfach mal machen! Die Google-Suche ist nur einen Tab-Klick entfernt… *zwinker*
Ich hoffe, ich konnte den ein oder anderen zum Nachdenken anregen oder gar motivieren, sich über die Aktionen in Köln oder der eigenen Stadt zu informieren. Eigentlich wollte ich auf diesem Blog nie was Politisches posten (ist es ja auch nicht richtig, aber eben politischer, als ich es wollte). Aber die aktuelle Lage hat mich zum Nachdenken gebracht. Versetzt euch doch nur einmal in eine geflüchtete Mutter mit ihrem Kind, einen Studenten oder einen Familienvater. Wie würdet ihr euch fühlen, wenn ihr hier ankämt?
Wir haben ein verdammt großes Glück, zufällig in Europa geboren zu sein…
Liebe Greetz
Silja
P.S. Ich verlinke noch schnell zu Mittwochs mag ich – auch wenn’s schon kurz vor Mitternacht ist…
One Comment
Jana Risse
Vielen Dank, dass du hier so viele Möglichkeiten zum Helfen zusammen
gesammelt hast. Ich fand es auch recht schwer, den ersten persönlichen
Schritt zu machen. Aber inzwischen gebe ich Hausaufgabenhilfe und
wir gehen mindestens einmal pro Woche mit Flüchtlingskinder spielen.
Es ist nicht nur geben, sondern auch wir bekommen viel.
Liebe Grüße, Jana von Villa Türmchen